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Madeline Juno: Die Stimme der neuen Generation der Russlanddeutschen
Madeline ist eine der herausragendsten Vertreterinnen ihrer Zeit. Ihre Stimme strahlt ein außergewöhnliches Licht aus, ihre Texte sind voll schüchterner Hoffnung. Seit über zehn Jahren haben Madelines Lieder einen außergewöhnlichen Erfolg. Auf Streaming-Plattformen werden ihre Tracks Dutzende Millionen Male angehört
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Foto: Ullrich Maurer, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Der echte Name der Sängerin lautet Madeline Obrigewitsch. Sie kam 1995 in einer russlanddeutschen Aussiedlerfamilie in Baden-Württemberg zur Welt. Und sie wuchs in einer musikalischen Familie auf, deshalb erwachte schon früh ihre Leidenschaft für Musik. Mit 13 fuhr sie in den Sommerferien heimlich nach Hamburg, wo sie ohne Kenntnis der Eltern ihre ersten Lieder in einem Studio aufnahm
Eine ihrer Kompositionen – Error wurde als Soundtrack für die Kinokomödie “Fack ju Göhte” ausgewählt, die 2013 nicht nur in deutschen Kinos zum absoluten Hit wurde. Juno hatte schlagartig eine weltweite Fan-Gemeinde, und diese verlangte von den Organisatoren des Eurovision Song Contests, das Lied in den Wettbewerb aufzunehmen. Aber Madeline reagierte zurückhaltend auf den Erfolg und hielt sich an die Redewendung: In die Ruhe liegt die Kraft
Von Freud:innen wird sie Maddy gennant, eine Kurzform ihres ersten Namens. Aber was bedeutet der zweite Name? Die 16-jährige Schülerin Juno erfährt von ihrer Schwangerschaft und entscheidet sich, das Kind in eine fremde Familie abzugeben. Das Komödien-Melodrama von Jason Reitman, das 2007 ausgestrahlt wurde, beeindruckte die 12-jährige Madeline, und sie wählte den Namen der Film-Protagonistin als Künstlernamen
Ihre Musik, gefüllt mit akustischem Klang und hoffnungsvoller Melancholie, beschreibt Madeline mit dem Wortspiel Heart-Core. Ein Wortspiel versteckt sich auch hinter dem Titel von Madelines Lied 99 Probleme, das von Depression handelt. Als Teenagerin hatte sie diese Diagnose, und sie entschied sich, dieses wichtige soziale Problem am eigenen Beispiel aufzugreifen. In Deutschland haben Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund öfter mit Depressionen zu kämpfen als andere Gleichaltrige, was auch wissenschaftlich nachgewiesen ist
Im Podcast Njette Mädchen erzählt Madeline davon, wie wichtig für sie Familie und die Traditionen seien, die sie von Zuhause kenne: das gemeinsame Kochen, Feiern von Festen, die moralische Unterstützung, und zu guter Letzt das Dienen der Muse – Madelines Mutter spielt Tasteninstrumente, der Vater Schlagzeug. Die junge Frau gesteht auch, dass sie aus ihrer Familie eine weitere Tradition mitgenommen habe: Madeline ist ein großer Fan von Kefir. Und selbst wenn sie auf Konzertreise sei, gebe sie dieses Getränk immer im Technical Rider an
Ihre Fans schätzen Madeline für ihre Offenheit, weil sie eine Vermittlerin ihrer Gedanken ist. In einem Interview für Deep und Deutlich gesteht sie, dass sie als junge Erwachsene in eine co-abhängige Beziehung geraten sei. Da Madeline ihre musikalische Laufbahn so früh begonnen habe, habe sie weder Zeit gehabt, sich um ihr Privatleben zu kümmern, noch die Möglichkeit, alle Stufen des Erwachsenwerdens zu durchlaufen. In ihrer Umgebung habe es erwachsene Personen gegeben, und lange habe sie sich nicht dazu entschließen können, um Hilfe zu bitten und die Beziehung zu verlassen
Madeline engagiert sich außerdem in Angelegenheiten, die eine wichtige gesellschaftliche Rolle spielen: 2014 nahm sie mit anderen deutschen Prominenten an einer Kampagne teil, die für die Absenkung der Altersgrenze für die Teilnahme an den Europawahlen warb. Einige Jahre später wurde diese Initiative verwirklicht, nun ist man ab 16 wahlberechtigt, was nach Meinung der Künstlerin die junge Generation dazu ermutigen werde, mehr Verantwortung zu übernehmen
Die weitere Suche nach Selbstverwirklichung führte Madeline zu der Entscheidung, Lieder auf Deutsch zu schreiben. Ihre ersten beiden Alben waren in englischer Sprache. Zur gleichen Zeit (2016) trennte sie sich von ihrem Musiklabel, allerdings waren die Musiker, mit denen Juno zusammenarbeitete, in ein weiteres Projekt involviert und konnten nicht mit ihr zusammen gehen. Aus diesem Grund hatte die junge Frau keine Möglichkeit mehr, Konzerte zu geben, und musste sich buchstäblich neu erfinden
Dabei spielte nicht zuletzt Religion eine Rolle: Die Frau gibt in einem Interview offen zu, dass der Glaube ihr geholfen habe, neue Kraft zu finden und ihre Ziele weiter zu verfolgen. An die Konfirmation im Teenager-Alter erinnert sie sich als an eine helle, festliche, naive Zeit. Nach dem Umzug nach Berlin wurde die evangelische Gemeinde zu Madelines zweiten Familie, während sie fern von Berlins Verführungen und Freiheiten blieb
Allerdings entfernte sich Madeline später von der Religion. Heute hat sie eher agnostische Ansichten gegenüber der Heiligen Schrift. Dabei trennt sie die Begriffe der Kirche, des Glaubens und der Religion voneinander. Sie erzählt, die Familie habe ihre Entscheidung respektiert, obwohl die ältere Generation sehr gläubig sei
Im Gegensatz zu den ersten beiden englischsprachigen Alben (2014, 2016) konnten die zwei nächsten in deutscher Sprache (2017, 2019) den kommerziellen Erfolg nicht wiederholen. Aber Madeline folgte der eigenen Einstellung, dass Eile nicht angebracht sei, und nahm eine Pause, was durch die Corona-Pandemie begünstigt wurde
Ins nächste Jahrzehnt startete sie bereits als Superstar. Ihre letzten drei Studioalben kamen in die Top-10 der deutschen Hitparaden, und die Konzerttickets für ihre Promo-Tour 2022 waren ausverkauft. Das Album Besser kann ich es nicht erklären wurde von dem Publikum sehr herzlich aufgenommen, wenn auch Musikkritiker darüber herfielen und es sogar als „kalt und entfremdet“ bezeichneten
Von Madeline Junos Erfolg sprechen auch die Zahlen, und diese sind beeindruckend: Die Frau hat Hunderttausende an Followern in sozialen Medien, auf Streaming-Plattformen werden ihre Lieder Dutzende Millionen Male angehört. Auf jedes neue Album folgen erfolgreiche Konzertreisen, nicht nur durch Deutschland, sondern auch durch die benachbarten deutschsprachigen Länder: Madeline hat ihre eigenen Fanclubs in Österreich und der Schweiz
2025 hat Madeline Juno ihr siebtes Album Anomalie, Pt. 1 veröffentlicht. Die Künstlerin hat sich entschieden, ihm einen etwas elektronischen Klang zu verleihen, bleibt aber ihrem Stil treu
Madeline bewegt sich weiterhin zielstrebig vorwärts. Sie hat gelernt, mit Schwierigkeiten und Herausforderungen umzugehen und, was das Besondere ist, diese in durchdringende Texte und Melodien zu verwandeln. Hinter ihrem Talent steckt viel Arbeit, und ihre Stimme ist zu einer Vermittlerin für die Gedanken von Deutschlands neuer Generation geworden, u.a. auch der Russlanddeutschen
